Der Film zur Austellung

von Laurenz Kogel


DER MANTEL – mehr als nur ein Stück Stoff
Gerda Zuleger hat vor anderthalb Jahren damit begonnen, Fragen ihres Lebens unter die Lupe zu nehmen. Es folgten Monate des Sezierens. Sie hat ihren Mantel abgelegt und einen Rollenwechsel durchgespielt. Sie beherrscht das Handwerk des Abschieds.
„Mäntel“ hat sie ihr Projekt genannt, ohne zu ahnen, welch analytisches Potential sie dabei aufmacht.
Dies ist die Geschichte des Projektes:
Eine Ausschreibung: „Die Macht der Gier“, ausgelobt vom St.-Leopold-Friedenspreis des Stiftes Klosterneuburg, veranlasste die Künstlerin ihren ersten 
Mantel zu bauen, wohlwissend, dass der Mantel auch Macht symbolisiert.
Die Autorin hat der Macht und der Gier ein prägnantes Gesicht gegeben: ein goldenes Gewand, von bedrohlich voluminösem Ausmaß, kopflos und gewaltig. Aus der Tiefe des mächtigen Kragens erwachsen die Insignien der Macht: ein goldenes, gleichwohl schmuckloses Kreuz mit einem güldenen Apfel. Blut rinnt vom Mantel herab. Macht ist nicht ohne Blut zu haben. Von der Rückseite blickt ein Schädel aus hohlen Augen. Der Schädel gehört einem frühen Menschen, totgeschlagen aus Gier vor Millionen von Jahren.
Am Ende mutet uns Gerda Zuleger 13 unterschiedliche Mäntel zu. Das Zahlzeichen 13 verkündet die Ambivalenz von Glück und Unglück eines Lebens.
Schonungslos trifft dieses Werk den Kern. Trost und Trauer, Verzweiflung und Verlorenheit, Angst und Verzückung, einer Konsummietze wird der Eimer der Sinnlosigkeit übergestülpt.
Wer die lebenshohen Wesen aufragen sieht, bekommt weiche Knie.
Die Künstlerin schafft es, eine fundamentale Energie, Spannkraft und Spiritualität ins Werk zu holen. Die verarbeiteten Accessoires, für jeden Mantel mit Bedacht eingefügt, entfalten hier einen dunklen, beunruhigenden Unterton, dort bittere Erfahrung und da aber auch symbolhaften Humor.
Heute, wo unsere Werte ständig aufs Neue erschüttert werden, trifft sie genau den Nerv der Zeit.
Ihre Figuren sind Ikonen des Lebens. Sie erzählen von Fremdheit und Einsamkeit, vom Gipfel des Schmerzes über die Liebe.
„13 Mäntel“ ist eine Abhandlung von Augenblicken der Gewissheit.

Die lyrischen Texte von Petra Fietzek ummanteln
dieses Projekt zu einem Gesamtkunstwerk. Es sollte in die Welt hinaus.
Das würde ich dieser seelentiefen Installation
wünschen.
Prof. Menges-SPELL


Presse:Klenkes 10/2018
Einfach grandios
Gerda Zuleger zeigt 13 Mäntel in der Aula Carolina.
Da kommt was auf uns zu! Was Gerda Zuleger in monatelanger Klausur in ihrem Atelier in Zweifall an Lebenserfahrung einer Frau ihrer Generation verdichtet hat, wird in der Aula Carolina vor altem Gemäuer plastische und malerische Wirkung entfalten. 13 höchst unterschiedliche Mäntel umhüllen lebensgroße Figurinen, die als Einflussgrößen für Schöpfung, Nachkriegszeit, Konsum, Sehnsucht, Macht, Leere, Künstlichkeit, Gefälligkeit, Selbst, #MeToo, Unabhängigkeit, Schutz und Kosmos stehen. Was da an Geste, Gebärde und Accessoires, an Farbigkeit und malerischer Qualität, Textlast, Symbolik, Humor und bitterer Erfahrung in nahezu archetypischen Gestalten und Persönlichkeitsaspekten empfindbar wird, ist einfach seelentief erfasst, in höchst differenzierten und anspielungsreich bemäntelten Wesenheiten umhüllt und enthüllt. Kongenial die poetischen Kommentare von Petra Fietzek dazu, sowie ein zentrales Gemälde, Vorzeichnungen und Fotografien der noch weißen Körpergehäuse in Vorstufen. Das wird eindrucksvoll substantiell.
Ein Gesamtkunstwerk, um das sich Museen bemühen sollten. 


Mäntel gehören zu den meist gebrauchten Kleidungsstücken. Stand zunächst ihre Schutzfunktion im Außenbereich als mantellum (lat.) = Hülle, Decke im Vordergrund, so wurden sie im Laufe der Jahrhunderte zunehmend bewusster gestaltet und je nach Modeströmung, Geschmack und Gebrauch designt.

In ihrer täglichen Präsenz und Wichtigkeit, eignen sich Mäntel gut für Redensarten: „den Mantel nach dem Wind hängen“, „etwas mit dem Mantel der Nächstenliebe bedecken“, „einer Sache ein Mäntelchen umhängen“ oder „den Mantel des Schweigens über etwas breiten“.

Mäntel können somit im übertragenen Sinn verstecken, verniedlichen, verdeutlichen, täuschen. Sie sind weit mehr als nur Wetterschutz.

Mäntel haben hohe Symbolkraft, spiegeln Zeitgeist und können sogar zur 2. Haut werden. Davon handeln unsere Installationen
und Gedichte.

Wir laden Sie ein, mit unseren Mänteln und Texten in Kontakt zu treten, sie auf sich wirken zu lassen, sie zu befragen und sich selbst zu befragen:

Was steckt in diesem Mantel?

Wut, Liebe, Verlorenheit

Stolz, Hoffnung, Angst,

Schutz oder Schmutz …?

Welcher Mantel zieht mich an?

Welcher stößt mich ab?

 

Gerda Zuleger
Künstlerisches Gesamtkonzept
Petra Fietzek
Lyrik

Fotos
Brigitte Averdung-Häfner
Mit:
Ingeborg Meyer,
Szenische Lesung
Lasse Lemmer, Klangkünstler
20. Oktober 2018
19:00 Uhr Vernissage
mit Petra Fietzek

 

21. Oktober 2018
12:00 Uhr Matinee
mit Ingeborg Meyer

Aula Carolina

Pontstraße 7
52062 Aachen
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